Dark Tourism auf dem Vormarsch [2022 Studie]

dark tourism auf dem Vormarsch: 2022 studie

Wir sind uns fast sicher, dass Sie schon einmal über den Begriff “Dark Tourism” gestoßen sind.

Vielleicht haben Sie auch selbst schon den ein oder anderen düsteren Touristenort besucht wie das 9/11 Memorial Museum in New York oder das KZ in Auschwitz.

Dark Tourism, also das Besuchen von Orten, an denen die grausamsten Dinge der Menschheitsgeschichte passiert sind, erfreut sich seit einigen Jahren zunehmender Beliebtheit. Zu verdanken ist das vermutlich zum Teil beliebten Serien wie “Chernobyl” oder “Dark Tourist” auf Netflix.

Aus diesem Grund haben wir bei Passport Photo Online 900+ Menschen zu dem Thema Dark Tourism befragt. Wir wollten herausfinden, weshalb Touristen freiwillig an derart makabere Orte reisen und uns die damit verbundenen Kontroversen sowie ethischen Fragen genauer ansehen.

Die wichtigsten Erkenntnisse

dark tourism auf dem Vormarsch (wichtigsten Erkenntnisse)
  • 82% der Befragten haben mindestens einmal Dark Tourism betrieben. Von den übrigen 18 %, die noch nie einen derartigen Touristenort besucht haben, sagen 63 %, dass dies in Zukunft gerne tun würden.
  • Die meisten Touristen besuchen diese Orte, um sich weiterzubilden (52 %) und um die Menschen zu würdigen, die von dem Unglück betroffen sind/waren (47 %).
  • Die Top 3 der beliebtesten Ziele für Dark Tourism sind das Pearl Harbor National Memorial (45 %), Ground Zero (44 %) und die Katakomben von Paris (43 %).
  • Die meisten haben eine positive Haltung gegenüber Dark Tourism (46 %) oder sogar eine sehr positive (18 %) — nur  9 % sind dagegen.
  • 57 % der Reisenden finden es geschmacklos, wenn andere Selfies an diesen Dark-Tourism-Orten machen.

Dark Tourism: Warum wir zu tragischen Orten reisen

dark tourism: warum wir zu tragischen orten reisen

Als allererstes wollten wir herausfinden, wie beliebt Dark Tourism eigentlich wirklich ist.

Es stellte sich heraus, dass 82 % der Befragten mindestens einmal in ihrem Leben Dark Tourism betrieben haben: 83 % davon waren Männer und 81 % Frauen. Und so spiegelt sich das Ganze in der Demographie:

  • Gen Z’s (25 oder jünger): 91 %
  • Millennials (26 – 38): 83 %
  • Gen X’s (39 – 54): 80 %
  • Baby Boomers (55+): 71 %

Anschließend haben wir die übrigen 18 %, die noch nie an einen makaberen Ort gereist sind, gefragt, ob sie Interesse daran hätten: 63 % beantworteten diese Frage mit “Ja”.

Danach wollten wir wissen, was die Hauptbeweggründe für Dark Tourism sind. Das waren die Ergebnisse:

  • Ich bilde mich gerne über das jeweilige Thema weiter: 52 %
  • Ich möchte die Menschen, die von dem Unglück betroffen sind, würdigen: 47 %
  • Ich möchte mich emotional auf einen tragischen Ort einlassen: 46 %
  • Ich wollte einen Ort mit einer Geschichte besuchen und nicht nur dahin gehen, wo es “angesagt” ist: 45 %

Wie Sie sehen, ist der Bildungsaspekt am wichtigsten. Dies ist keine Überraschung, denn oft bieten Stätte des Dark Tourisms ihren Besuchern authentische Überbleibsel und informieren über das, was dort passiert ist, wodurch wir die Vergangenheit besser verstehen können.

Als nächstes wollten wir in Erfahrung bringen, welche Kategorie an Dark Tourism am attraktivsten für Touristen wirkt:

  • Kriegstourismus (Reisen in aktive oder ehemalige Kriegsgebiete): 56 %
  • Katastrophentourismus (Reisen an Orte, an denen Katastrophen stattfanden, entweder durch Natur oder Menschen verursacht): 56 %
  • Friedhofstourismus (Reisen zu Friedhöfen, die einen künstlerischen, architektonischen, historischen oder landschaftlichen Wert haben): 53 %
  • Geistertourismus (jede Art von Reise, die mit Geistern und Spuk zu tun hat): 52 %
  • Nuklear-Tourismus (Reisen an Orte, an denen nukleare Unfälle passiert sind): 50 %
  • Holocaust/Genozid-Tourismus (Reisen an Orte, die mit dem vorsätzlichen und gezielten Mord an Völkern oder ethnischen Gruppen in Verbindung gebracht werden): 49 %
  • Tourismus in Gefängnissen und Vollzugsanstalten (beinhaltet kulturbezogene Besuche von Gefängnismuseen/-attraktionen oder ehemaligen Haftanstalten): 48 %

Das bedeutet, Kriegs- und Katastrophentourismus nehmen mit 56 % den Sieg mit nach Hause.

Natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Kategorien auch Überschneidungen und ein gewisser Ort kann uns aus gleich mehreren Gründen faszinieren. Deswegen spiegeln die Überschneidungen lediglich die Realität wider.

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An diesem Punkt haben wir unsere Teilnehmer gefragt, welche Dark-Tourism-Orte sie in ihrem Leben am liebsten besuchen würden.

Wir haben ihnen eine Liste der beliebtesten Orte vorgelegt und sie sollten ihre Wahl treffen.

Hier haben wir die Ergebnisse für Sie zusammengefasst. Außerdem geben wir ein paar zusätzliche Informationen zu den Orten, die vielleicht weniger bekannt sind.

  • Pearl Harbor National Memorial, Hawaii: 45 %
  • Ground Zero, New York: 44 %
  • Katakomben von Paris, Frankreich (unterirdisches Labyrinth, das zur Festigung der alten Steinbrüche ein Paris erbaut wurde und in dem die Überreste von mehr als 6 Mio. Menschen aufbewahrt werden): 43 %
  • Hiroshima und Nagasaki, Japan: 42 %
  • Das Wrack der Titanic, Nordatlantik: 41 %
  • US-Bundesgefängnis Alcatraz, Kalifornien: 40 %
  • KZ Auschwitz, Polen: 39 %
  • Schloss Bran, Rumänien (berühmt für die Entstehung der ursprünglichen Vampirlegende des Grafen Dracula): 39 %
  • Kernkraftwerk Tschernobyl, Ukraine: 37 %
  • Fukushima, Japan: 35 %
  • Wuhan, China: 34 %
  • Choeung Ek Völkermord-Gedenkzentrum, Kambodscha (ein ehemaliger Obstgarten und Massengrab für mehr als 17.000 Männer, Frauen und Kinder, die während der Herrschaft der Roten Khmer getötet wurden): 32 %
  • Kigali Genocide Memorial, Ruanda (eine Gedenkstätte für den Völkermord in Ruanda im Jahr 1994, in der die Überreste von mehr als 250 000 Menschen ruhen): 32 %
  • Aokigahara, Japan (ein Wald, dem der Spitzname “der Selbstmord-Wald” verliehen wurde, da er zu den Orten zählt, an denen weltweit die meisten Selbstmorde begangen werden: 32 %
  • Azvostal-Anlage in Mariupol, Ukraine [nach dem Krieg] (einer der symbolträchtigsten Orte der Belagerung von Mariupol während der russischen Invasion in der Ukraine 2022): 31 %

Es ist auffällig, dass es insbesondere Orte in den USA, mit dem Pearl Harbor National Memorial (45 %) und der World Trade Center Gedenkstätte (44 %), an die Spitze der Liste geschafft haben. Diese Stätte haben auch international großen Wert.

Wir haben uns außerdem ein wenig aus dem Fenster gelehnt und die Azovstal-Anlage in Mariupol, Ukraine mit in die Liste aufgenommen. Diese wurde von 31 % der Befragten ausgewählt.

Obwohl der Krieg zwischen Russland und der Ukraine noch andauert, hoffen wir, dass die Menschen nach dem Sieg der Ukraine diesen Ort besuchen möchten, um aus erster Hand etwas über die Tapferkeit der ukrainischen Soldaten zu erfahren und denjenigen zu gedenken, die bei der Verteidigung ihres Vaterlandes ums Leben gekommen sind.

Kontroversen und ethische Fragen zum Dark Tourism

kontroversen und ethische Fragen zum dark tourism

Wenn es um Dark Tourism geht, ist nicht alles nur schwarz und weiß.

Während die meisten Befragten dem Thema positiv (46 %) oder auch sehr positiv (18 %) gegenüberstehen, gibt es auch Menschen, denen es widerstrebt (9 %).

Aber warum?

Wir haben die Hauptargumente gegen Dark Tourism für Sie zusammengefasst:

  • Es beutet das Leiden von Menschen aus: 22 %
  • Dark-Tourism-Orte werden manchmal verzerrt dargestellt, sodass die Geschichte verändert oder verschönert wird: 18 %
  • Es entweiht Orte, an denen Menschen gelitten haben und gestorben sind: 18 %
  • Ich verstehe den Reiz nicht: 16 %
  • Ich empfinde es als unnatürlich und unangebracht: 13 %
  • Es ist voyeuristisch: 12 %

Inwiefern Dark Tourism als ethisch bewertet werden kann oder nicht, hängt von vielen Faktoren ab. So sind Erfahrungen, Erziehung und kulturelle Einflüsse wichtige Aspekte. Dementsprechend wird jeder von uns anders über dieses Thema denken.

Bevor wir zur letzten Frage kamen, wollten wir noch wissen, was unsere Teilnehmer von Menschen denken, die an Dark-Tourism-Orten Selfies machen. Leider sieht man es nur zu oft, dass Touristen mit Selfie Sticks bewaffnet herumlaufen und lächelnd für Bilder in Tschernobyl oder vor dem Schild in Auschwitz posieren, auf dem “Arbeit macht frei” zu lesen ist.

In unserer Umfrage kam heraus, dass 57 % der Reisende eine negative oder sehr negative Einstellung gegenüber Menschen haben, die an düsteren Touristenplätzen Selfies machen.

Und zum Schluss haben wir die Frage gestellt, was die Teilnehmer über Touristen denken, die gegen die Regeln von Dark-Tourism-Orten verstoßen. Ein gutes Beispiel dafür wäre Fukushima, wo mutige Besucher die rote Zone erkunden wollten, die aufgrund ihrer hohen radioaktiven Strahlung gesperrt ist.

Die Ergebnisse?

Über die Hälfte der Befragten (51 %) halten nichts von Touristen, die gegen die Regeln von Dark-Tourism-Orten verstoßen – richtig so.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Dark Tourism für viele ein kontroverses Thema bleibt. Wenn Sie einen makaberen Ort wie diese besuchen möchten, ist es wichtig, dass Sie sich respektvoll verhalten. Diese Tipps können Ihnen helfen:

  • Befolgen Sie stets die Regeln des Ortes.
  • Bleiben Sie nüchtern und ruhig.
  • Machen Sie nur Bilder, wenn es erlaubt ist. Selfies können in Ordnung gehen, wenn Sie niemandem im Weg sind, die Tour aufhalten oder unangebracht posieren.
  • Achten Sie darauf, nichts zu beschädigen und stehlen Sie nichts.
  • Telefonieren Sie nicht. Schalten Sie Ihr Handy am besten aus oder auf lautlos.
  • Sagen Sie nichts Negatives über die Opfer der Stätte, die Sie besuchen.

Vorgehensweise

Im Mai 2022 haben wir mit Hilfe eines benutzerspezifischen Umfrage-Tools 937 Teilnehmer befragt. Die Studienergebnisse wurden aus verschiedenen Schritten der Nachforschung, Crowdsourcing und Umfragen erstellt.  Alle Antworten der Umfrageteilnehmer wurden von Experten aus der Datenverarbeitung kontrolliert, um deren Qualität zu gewährleisten.​​ Die Umfrage enthielt zudem eine Frage zur Überprüfung der Aufmerksamkeit.

Fair Use Statement

Haben Sie durch unseren Artikel mehr über Dark Tourism erfahren? Wenn Sie denken, dass Ihre Zielgruppe von diesen Informationen profitieren könnte, dürfen Sie unsere Studie gerne teilen. Denken Sie aber bitte daran, uns als Quelle zu nennen und diesen Artikel zu verlinken.

Quellen